WdJ 2016

Wald im Wandel

Das Waldbild des Wermsdorfer Waldes hat sich in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach stark gewandelt, je nachdem, ob gerade die Jagd oder die Holznutzung im Vordergrund der jeweiligen Landesherren stand. Auch heute befindet sich der Wald noch im Wandel. In Sachsen wird jährlich rund 1300 ha Waldumbau betrieben. Neben labilen und rauchgasbelasteten Nadelholzreinbeständen im Erzgebirge bildet der Wermsdorfer Wald einen weiteren sächsischen Waldumbauschwerpunkt. Ziel ist es auch hier, vor allem die labilen Fichtenrelikte in standortsgerechte, stabile und vor allem naturnahe Laubholzmischbestände zu überführen. Die Kiefer wird gerade in trockeneren Bereichen auch in Zukunft eine Rolle spielen. Wie hoch der Waldumbaubedarf im Wermsdorfer Wald auch noch heute ist, wird durch die aktuellen Sturmereignisse deutlich. So hat der Herbststurm „Herwart“ auch im Wermsdorfer Wald zur Zwangsnutzung von mehreren tausend Festmeter Holz geführt. Besonders betroffen waren vor allem  Nadelholzbestände sowie Fichtenschirmhiebe, die für den Voranbau von Buche und Eiche vorgesehen waren.

 

Bild 7 Uwe Lange (35)
Nach Stürmen ein typisches Bild: Die Fichten sind auf den schwer durchwurzelbaren Böden sehr labil
und weisen eine hohe Wurfgefährdung auf.
Dieses Bild verdeutlicht den Waldumbaubedarf. (Foto: Uwe Lange)

 

 

Bild 5 Wermsdorfer Eiche
Eiche und Kiefer sind bereits prägende Baumarten
des Wermsdorfer Waldes und sollen diese Rolle
auch in Zukunft einnehmen beziehungsweise erweitern.

 

Um zu verstehen, warum das Thema Waldumbau gerade im Wermsdorfer Wald so eine große Bedeutung hat, müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden: Die besondere Geschichte des Wermsdorfer Waldes und seine standörtlichen Gegebenheiten. Typisch für den Wermsdorfer Wald sind aufgrund der Löß- und Lößlehmüberlagerungen wechselfeuchte Böden mit häufig oberflächennahen Stauhorizonten. Auch auf terrestrischen Standorten findet man in etwas größerer Tiefe häufig Stauhorizonte. Dies führt dazu, dass gerade Fichten, aber auch Laubbäume oft nur oberflächennahe Wurzelsysteme ausbilden können. Eichen und Kiefern sind aufgrund der Ausbildung von Pfahlwurzeln noch am ehesten in der Lage diese Stauhorizonte zu durchbrechen, wenngleich dieser Effekt bei sehr hoher Verdichtung auch ausbleibt. Zumindest ist die Stabilität der Eichenmischbestände wesentlich höher, so dass der bisher eingeschlagene Weg, die Fichtenreinbestände zu Eichenmischwäldern, beziehungsweise auf den Kuppen zu Buchenmischwäldern umzuwandeln, konsequent weitergeführt wird.

 

Bild 8 Uwe Lange (85)Gerade auf den Kuppen im Wermsdorfer Wald bilden bodensaure Buchenmischwälder
die potentiell natürliche Waldvegetation. Entsprechend sollen die
Waldbestände auf den terrestrischen Standorten entwickelt werden. (Foto: Uwe Lange)

 

Diese Bestockung entspricht zum einem dem historischen Zustand 1822, vor allem aber auch der potentiell natürlichen Waldvegetation für dieses Gebiet. Der von Cotta 1822 taxierte Zustand wurde hauptsächlich durch die jahrhundertelange Nutzung als höfisches Jagdgebiet geprägt. Ziel zu diesem Zeitpunkt war es, durch die Umwandlung des Wermsdorfer Waldes in einen Fichtenforst die Produktion zu steigern und den devastierten Zustand des Waldes zu verbessern. Bereits 1874, also nach 52 Jahren war die Umwandlung so gut wie beendet. Ursprünglich war von Cotta vorgesehen, dass nach einer Generation Nadelwald die Umwandlung des Wermsdorfer Waldes zurück in einen Laubwald erfolgen sollte. Die hohen Holzerträge und der damit verbundene hohe Gelderlös führten jedoch dazu, dass eine zweite Generation Nadelbäume begründet wurde. Diese zweite Generation wies ein stark reduziertes Wuchsverhalten auf, viele Fichten erreichten nach 40 Jahren lediglich eine Höhe von 6 m. Diese Bestände gingen als „Wermsdorfer Fichtenkümmerflächen“ in die forstliche Geschichte ein.

Als Folge dieser Problematiken wurde 1922 auf Veranlassung durch den Landesforstmeister Robert Bernhard eine landesweite wissenschaftliche Untersuchung zur Fichtenfrage durchgeführt. Als Ergebnis wurde die „Abkehr von der Fichtenwirtschaft im Nordwestsächsischen Niederland“ amtlich beschlossen. Dieser Prozess wurde und wird bis heute durch die Forstleute im Wermsdorfer Wald seit mittlerweile 95 Jahren konsequent fortgesetzt. Während der 1980er Jahre wurde zu diesem Zweck das so genannte „Wermsdorfer Verfahren“ angewandt. Bei diesem energieintensiven Verfahren wurden die Fichtenbestände zunächst kahlgeschlagen. Danach  wurden die verbleibenden Wurzelstöcke mit Karbidsprengstoff gesprengt und anschließend die Fläche mittels Planierraupen geräumt. Diese Arbeiten waren notwendig, da anschließend ein Vollumbruch und mehrmaliges Scheibeneggen mit Kalkzugabe durchgeführt wurden. In Summe also ein Verfahren, dass in dieser Intensität im forstlichen Bereich eine absolute Besonderheit darstellt. Heutzutage beschränkt sich die Flächenvorbereitung auf das Anlegen von Frässtreifen, eventuell noch mit Vorarbeiten durch einen Forstmulcher.

 

Bild 6 Uwe Lange (17)
Frisch gepflanze Stieleichen.
Hier wächst die Zukunft des Wermsdorfer Waldes.
Gut zu sehen sind die Frässtreifen,
in die die Pflanzen gesetzt werden. (Foto: Uwe Lange)

 

 

 

 Baumartenzusammensetzung in Wermsdorfer Wald von 1822 bis 2012.

Baumarten und Baumartengruppen

Anteil in % der Waldfläche

1822

1931

1980

2012

Kiefer

4

24

17

33

Fichte

2

67

37

8

Lärche und andere Nadelbaumarten

0

1

6

8

Nadelholz insgesamt

6

92

60

49

Eiche (als Hochwald)

2

5

18

26

Buche

8

1

3

8

Birke

25

2

16

11

Sonstiges Laubholz

6

Mittel- und Niederwald

45

0

0

0

Laubholz insgesamt

90

8

37

51

Flächen ohne Wald

4

weniger 1

3

weniger 1